Internationale Rahmenbedingungen
Die UN-Behindertenrechtskonvention (UN-BRK), die in Deutschland 2009 in Kraft trat, ist ein Meilenstein in der Geschichte der Gleichberechtigung und Barrierefreiheit. Sie fordert den uneingeschränkten Zugang zu Informationen und Kommunikation für Menschen mit Behinderungen. Diese Konvention hat weltweit Einfluss genommen und wurde von zahlreichen Ländern, darunter Österreich, Deutschland und die Europäische Gemeinschaft, ratifiziert. Die Konvention unterstreicht die Bedeutung barrierefreier PDF-Dokumente als Teil der digitalen Zugänglichkeit.
Europäische Union
Die EU hat eine Vielzahl von Verordnungen und Richtlinien erlassen, die sich auf die Barrierefreiheit beziehen. Besonders hervorzuheben sind dabei folgende rechtliche Rahmenbedingungen:
- EU-Mandat 376
- Europäische Norm EN 301 549
- EU-Richtlinie 2016/2102
- European Accessibility Act (EAA) – EU-Richtlinie 2019/882
EU-Mandat 376 / Europäischer Standard EN 301 549
Das EU-Mandat 376 führte zum europäischen Standard EN 301 549, der spezifische Anforderungen an die Barrierefreiheit von Informations- und Kommunikationstechnologie-Produkten und -Dienstleistungen stellt. Dieser Standard ist insbesondere für die öffentliche Hand relevant, da er die Barrierefreiheit bei der Beschaffung von Produkten und Dienstleistungen vorschreibt. Er verweist explizit auf die WCAG 2.1 als Grundlage für die Erstellung barrierefreier digitaler Inhalte.
In Deutschland wird auf die EN 301 549 in verschiedenen Rechtssetzungen Bezug genommen, auf die weiter unten näher eingegangen wird.
EU-Richtlinie 2016/2102
Die EU-Richtlinie 2016/2102, die Ende 2016 in Kraft getreten ist, fordert einen barrierefreien Zugang zu Websites und mobilen Anwendungen öffentlicher Stellen. Sie zielt darauf ab, die Vorgaben der UN-Behindertenrechtskonvention umzusetzen. Ab dem 23. September 2018 müssen alle öffentlichen Stellen ihre neuen digitalen Dokumente barrierefrei veröffentlichen, wobei die Europäische Norm EN 301 549 als Referenz dient. PDF-Dokumente sind Teil des Webauftritts und müssen zu den entsprechenden Umsetzungsfristen ebenfalls barrierefrei zur Verfügung gestellt werden. Ausnahmen bilden PDF-Dokumente, die vor September 2018 angelegt wurden.
Der Begriff der „öffentlichen Stelle“ wird in Artikel 3 („Begriffsbestimmungen) der EU-Richtlinie 2016/2102 näher bestimmt. Eine öffentliche Stelle ist demnach
- ein Staat
- eine Gebietskörperschaften
- eine Einrichtung des öffentlichen Rechts (nach Artikel 2 Abs. 1 Nr. 4 der Richtlinie 2014/24)
- oder ein Verband, der aus einem oder mehreren solcher Körperschaften/Einrichtungen besteht.
Die Umsetzung der Richtlinie erfolgte in Deutschland durch die Aktualisierung des Gesetzes zur Gleichstellung von Menschen mit Behinderungen (Behindertengleichstellungsgesetz – BGG). Im gleichen Zuge wurde die Barrierefreie-Informationstechnik-Verordnung (BITV) 2.0 im Mai 2019 angepasst.
European Accessibility Act – EU-Richtlinie 2019/882
Der „European Accessibility Act“ (EAA) ist eine bedeutende Richtlinie (EU-Richtlinie 2019/882), die am 7. Juni 2019 in Kraft trat und darauf abzielt, die Barrierefreiheit von Produkten und Dienstleistungen in der EU zu verbessern. In Deutschland wurde diese Richtlinie durch das Barrierefreiheitsstärkungsgesetz (BFSG) und den zweiten Medienänderungsstaatsvertrag umgesetzt. Der EAA verpflichtet die Mitgliedsstaaten, unter anderem den gesamten Online-Handel sowie Hardware-Systeme für Verbraucher barrierefrei zu gestalten und zielt damit insbesondere auf die Privatwirtschaft ab. Darüber hinaus umfasst der EAA auch die barrierefreie Gestaltung von Bankdienstleistungen, elektronischer Kommunikation, audiovisuellen Medien und Personenverkehrsdiensten. Lediglich Kleinstunternehmen, die weniger als zehn Beschäftigte und höchstens einen Jahresumsatz oder eine Jahresbilanzsumme von 2 Millionen Euro haben, werden von dieser Verpflichtung nicht erfasst.
Deutsche Gesetzgebung
In Deutschland gibt es zahlreiche Gesetze und Verordnungen, die sich mit der Barrierefreiheit auseinandersetzen. Das Behindertengleichstellungsgesetz (BGG) und die Barrierefreie-Informationstechnik-Verordnung (BITV 2.0) sind hier besonders relevant. Während das BGG die Grundlagen schafft, legt die BITV 2.0 spezifische Anforderungen an barrierefreie Webinhalte fest, einschließlich PDF-Dokumenten. Diese Verordnungen verlangen, dass alle von Bundesbehörden veröffentlichten PDF-Dokumente barrierefrei sein müssen.
Hier wird auf die folgenden Gesetze/Verordnungen näher eingegangen:
- Behindertengleichstellungsgesetz (BGG)
- Barrierefreie-Informationstechnik-Verordnung (BITV 2.0)
- Barrierefreiheitsstärkungsgesetz (BFSG)
- Bundesteilhabegesetz (BTHG)
Behindertengleichstellungsgesetz (BGG)
Das deutsche Behindertengleichstellungsgesetz (BGG) setzt sich für die Gleichstellung von Menschen mit Behinderungen ein und fordert die Beseitigung von Benachteiligungen sowie die Förderung selbstbestimmter Teilhabe.
Gemäß § 12a Absatz 1 BGG („Barrierefreie Informationstechnik“) müssen öffentliche Stellen des Bundes ihre Websites barrierefrei gestalten. Auch ihre elektronisch unterstützten Verwaltungsabläufe, einschließlich ihrer Verfahren zur elektronischen Vorgangsbearbeitung und elektronischen Aktenführung, sind barrierefrei zu gestalten. Nachdem PDF-Dokumente (bspw. in Form von ausfüllbaren PDF-Formularen) Teil des Internetauftritts sind bzw. für Verwaltungsabläufe genutzt werden, sind diese verpflichtend barrierefrei zu gestalten.
Was genau unter einer „öffentlichen Stelle des Bundes“ im Sinne des BGG zu verstehen ist wird in § 12 BGG geregelt.
Wie genau eine barrierefreie Informationstechnik umzusetzen ist, wird im BGG nicht definiert. Genaueres dazu regelt die Barrierefreie-Informationstechnik-Verordnung (BITV 2.0), auf welche in § 12a Absatz 2 BGG verwiesen wird.
Barrierefreie-Informationstechnik-Verordnung (BITV 2.0)
Die BITV 2.0 definiert in Deutschland die Anforderungen an barrierefreie Informationstechnik. Sie bezieht sich auf Webangebote von Bundesbehörden und verlangt, dass alle Inhalte, inklusive PDF-Dokumente, für Menschen mit Behinderungen uneingeschränkt nutzbar sein müssen. Sie basiert auf der WCAG 2.0, ist jedoch nicht identisch mit dieser.
Barrierefreiheitsstärkungsgesetz (BFSG)
Das Barrierefreiheitsstärkungsgesetz (BFSG), veröffentlicht am 22. Juli 2021, ist ein bedeutendes Gesetz in Deutschland, das sich auf die Umsetzung des European Accessibility Acts (EU-Richtlinie 2019/882) konzentriert. Es tritt ab dem 28. Juni 2025 in Kraft und gilt für neue Produkte und Dienstleistungen, die ab diesem Datum angeboten werden. Das Gesetz umfasst eine breite Palette von Produkten, darunter Computer, Smartphones, Geldautomaten und Fernsehgeräte mit Internetzugang sowie Dienstleistungen wie Telefondienste, E-Books und Bankdienstleistungen.
Bundesteilhabegesetz (BTHG)
Das Bundesteilhabegesetz (BTHG) von 2016 zielt darauf ab, die Teilhabe und Selbstbestimmung von Menschen mit Behinderungen zu stärken. Es basiert auf der UN-Behindertenrechtskonvention und verfolgt das Ziel einer inklusiven Gesellschaft, in der alle Lebensbereiche, einschließlich der digitalen Welt, für Menschen mit Behinderungen zugänglich sind.
Landesgesetze
Auf der Basis der BITV 2.0 haben viele Bundesländer in Deutschland eigene Verordnungen und Gesetze zur Umsetzung von barrierefreien Webauftritten und damit verbundenen PDF-Dokumenten erlassen. Diese Verordnungen sind allerdings nicht immer identisch und können je nach Bundesland variieren, was zu unterschiedlichen Anforderungen an barrierefreie Dokumente führen kann.
Sanktionen bei Nichteinhaltung der gesetzlichen Vorgaben
In Deutschland gibt es derzeit kaum Sanktionen bei Nichteinhaltung der Vorgaben zur Barrierefreiheit. Während Behörden rechtlich verpflichtet sind, barrierefreie Internetauftritte zu unterhalten, gibt es kaum Mechanismen, die die Einhaltung dieser Gesetze und Verordnungen effektiv überprüfen oder durchsetzen. Dies führt dazu, dass die Qualität barrierefreier PDF-Dokumente auf offiziellen Seiten oft unzureichend ist.
Fazit
In der internationalen und europäischen Gesetzgebung sowie im deutschen Recht hat die Barrierefreiheit zunehmend an Bedeutung gewonnen. Die EU hat mit Richtlinien wie dem European Accessibility Act (EAA) und der EU-Richtlinie 2016/2102 Maßstäbe für Barrierefreiheit gesetzt, die sich insbesondere auf digitale Inhalte, einschließlich PDF-Dokumente, konzentrieren.
In Deutschland wird dieser internationale Rahmen durch Gesetze wie das Behindertengleichstellungsgesetz (BGG) und die Barrierefreie-Informationstechnik-Verordnung (BITV 2.0) umgesetzt, die barrierefreie Zugänglichkeit von öffentlichen digitalen Angeboten fordern. Diese gesetzlichen Vorgaben zielen darauf ab, Menschen mit Behinderungen eine gleichberechtigte Teilhabe in der digitalen Welt zu ermöglichen und tragen somit zu einer inklusiveren Gesellschaft bei.